waagrechte reibespur
ungeklärter provenienz

in der lädierten

aktenschranklamellenschiebetür

am stärksten rechts

nach links verläuft sie sich

dass du vor jahren

am telefon

unter fadenscheinigem argument

nicht zeit hattest

war stachel ins hirn

die freundschaft mit dir

als verblutet zu sehn

du brauchst mich also

lass mich schlafen

nicht weiter zu kränken

im traum

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

 

mich unter euch zu teilen suche ich

die zeit

läuft mir davon

ich werd nicht jeden lang genug

umarmen können

um veränderung zu spüren

durch die jahre

es ist beileibe nicht so kalt

ein früher herbst

den der maronibrater

in der mittagszeit

verschleudern will

toskanabrot und wein

parmesan vielleicht

im ziegelteich bei hörtendorf

spiegeln sich die colli euganei

wer hat dich

freund

geformt

dass du die passgenauigkeit

verloren hast

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

ein gedicht pro tag

ein richtig gutes

reicht

mein ich

wozu warten

krampfhaft

bis das nächste sich gebiert

findelkinder

tragen auf der nase

keinen stern

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

du hast

was du hast

nicht unredlich erreicht

auf dem weg zum erfolg

liegt fast keine leiche am rand

das haus quillt über von kunst

exhibitionistisch hängt sie im fenster

was hochkant nicht passt

muss sich queren über dem bett

ziffer und zahl

im dunkel besehn wie am tag

sind statistisch stets signifikant positiv

wer will dir ans zeug

freunde in fülle

einige neider

kaum einen feind

das lässt du nicht zu

weil du frühzeitig siebst

ich

als geschröpfter

schweigend bezichtigt der schuld

trag es erniedrigt

gelogen zu haben in not

einmal hätte ich gern deinen arm

auf meiner schulter gespürt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

wenig du bist

zugegen stark

ich hautnah dicht

vorsichtig eingesogen

jede feinheit einzeln eingespeichert

silbriges duften in allen poren

so kannte ich dich nie

auf vernarbtem streifen finger

szenen längst verlebt

du bist um mich bei mir

ich daheim für einen traum

für einen langen langen traum

in meinen tagesebenen

bleiben leib bei leib

bleibe

bleib

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

nie werde ich mit räumen fertig

mit sortieren ordnen und entsorgen

das lässt mich müde sein

schreibgerätschaft sonder zahl

schmierpapier in laden aufgespart

bücher eingebunden ungelesen

uhren batteriebetrieben leer

ohrhörerradios klein am kleinsten
praktisch allerorts

die häufen nach dem räumen

erinnern an den alten mann in

das gewicht der welt

auf einer linken seite sehe ich den satz

es gibt sein kleines salzpaket nicht mehr

drei jahre habe es gereicht

stille im geschäft

als offenkundig wird:

um jahre überlebt das salz den mann

… … …

mein ende wär zu greifbar nah

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

der weg zum superlativ

 

 

 

w

wer
westen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  

 

  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 






weihnacht 2007

wie wir im gehen
altern jahr um jahr
kehrst du jährlich wieder
knabe wimmernd
in die welt

aus sehnsucht nach unendlichkeit
verlier ich mich
vergänglich in der weite

dieses jahr
hab ich vor
zu warten
bis du mir entgegenkommst
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

die ehe schläft im ehebett
breit und mächtig
am boden liegend
ich daneben
sinnend achtsam
atmend höre ich

ich kann beruhigt
wachend dösen
zufrieden schnarcht
sie
liegt noch lange nicht
in ihren letzten zügen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

reinhold schneider

(zum foto in der FURCHE 20. märz 2008)

 

unentbehrlichem tun
entrissen
gedrängt
in ausgewähltes auditorium

korrektes haar
rasur steht morgen an
hemd aus bessrer zeit
    wenn du atmest
    strömt die körperglut
    am hals zum ohr

erdpolierte pflugschar
pflügt die wahrheit
an die sonne

die augen hören
zweifelnd den laudator

ist die huldigung
zu end gesungen
verwahrst im mund du
heute
jedes gegenwort

 

 

 

  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

für f. l.

 

in der ferne endlich dich erreicht
aus gestern in die nachbarschaft

starker arm
im auge wachen träume auf
lang entbehrtes lied im ohr

im mai versunken bleibt
das winteralte laub

die linke sucht das herz
die andre um den atem greift
spaziergang in das dämmerlicht
bis ein blick sich traut
dem gegenüber zu begegnen

 

  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

wie machst du ein gedicht

 

du fragst mich

wie bei mir ein gedicht entsteht:

indem du mich fragst

wiesoeingedichtinmirwird

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

die himmel

 

die himmel

stell ich mir vor

zum beispiel

nach dem menschgewesensein

zu tönen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

du hast gesagt

ich liebe dich

 

ich spürs

in mir auch

sagte ich zu dir

 

seither

sind wir zu dritt

 

mit dem tod

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

so ist gott nicht anders

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

komm
komm mit

wohin

dahin

scheiden tut weh
sind wir schon da

nicht sind
nicht wir
nicht schon
nur da
da

 

 

 

  

 

 

 

mein tod

mein hummer

und ich

in mir

 

dreieinsiedelei

 

ich will ruhe

sagt der hummer

ich gebe sie

sag ich

ich bin sie

sagt der tod

 

wir setzen einvernehmlich

fest zu bleiben

weil die zeit nicht reif sei

hängt sie veredelt

in den apfelbäumen

 

heut kommt der sohn aus wien

zu osterschinken

essigeierkren

und bier

mit reindling von kabon

und pinte aus dem haus

 

was für ein karfreitagtag

 

 

 

 

 

 

 

 

prager gebet

was ich sein kann
will ich sein
was ich tun kann
will ich tun
was mir fehlt
gib mir dazu

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

an m. w.

 

 

 

du überlässt mich dem ebenendurst

schickst mir gedanken und stille

näher und nah

aber noch immer nicht da

 

ich versuche zu hören ich lausche

ich brauche dein tun

 

an mir nagt der gedanke

worüber du schweigst

 



 

 




 

an m. w. 


ich denke deinen namen
ich stelle mich dem blick
mit deinen fragen zweifeln und begehren

wie du ausholst um die welt zu fassen
wie du für neuen auftrag ruhst
...

und ich versäum den zug

 

du fährst
wohin du glaubst zu müssen
aus dem ende des letzten waggons
aus der tür ins vergangenheitsnichts
schaust du zu mir

ich seh du weinst

am ende deines kreises
wirst du mir wieder in die arme fallen

 

 


 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

weihnacht  neujahr  2010/11

 

 

im suchen des weges

entschweben die spuren

vor augen vor füßen

kein sicherer tritt

 

lass führen den blinden

den weisen des schlafs

 

das singen tönt näher

höchstzeit ist da

hell wie am tag

ists inmitten der nacht